Chance versus Causality: The New Realists
↳ Babeth Mondini-VanLoo
NL, US 1979, 00:35:00
In Chance Versus Causality: The New Realists nutzt die Filmemacherin Babeth Mondini-VanLoo das Zufallsprinzip, um die im Mailand der 1960er Jahre entstandene europäische Kunstbewegung des Nouveau Réalisme zu veranschaulichen. Der Film begleitet einen der Protagonisten, Daniel Spoerri, bei seiner Arbeit in San Francisco, Paris und Köln. Im Sinne des Expanded Cinema, bei dem häufig mehrere Projektionen zum Einsatz kommen, hat Babeth auch in ihrem Film den Zufall als Leitmotiv genutzt, um zentrale Impulse und wichtige Aspekte dieser Kunstrichtung aufzugreifen. Der Film kontextualisiert Spoerris Arbeit, indem er durch die Kombination beliebiger Bilder dem Zufall Raum gibt und Fehler und Irrtümer als wesentliche Elemente des Filmemachens hervorhebt. Mondini-VanLoo verfolgt das Ziel, die unterschiedlichen Ansätze der Pop Art in den Vereinigten Staaten und des Nouveau Réalisme in Europa aufzuzeigen. Sie ist fasziniert von der Verwendung des Objekts in der Kunst dieser Bewegung und gibt einen umfassenden Einblick, wie in der Nachfolge von Surrealismus und Dadaismus der Zufall in der Kunst an Bedeutung gewann. Sie selbst knüpft an diese Tradition an, indem sie auf vorgefundenes Filmmaterial zurückgreift und damit auf Spoerris Verwendung des gefundenen Objekts in seinen Tableaux Pièges verweist. Das Zusammenspiel der beiden Projektionen entzieht sich der Kontrolle und Vorhersehbarkeit und reaktiviert damit unsere Sinne, was ein wichtiges Thema in Babeths Kunst ist. Nach dem Zufallsprinzip werden auch Werke anderer Künstler*innen integriert, wie z.B. Christos Running Fence in Kalifornien oder Jean Tinguely und Niki de Saint Phalle, die im zweiten Teil im Musée Beaubourg in Paris zu sehen sind, sowie Aufnahmen von Spoerri in seinem Atelier in einer alten Wassermühle. In der Gegenüberstellung der beiden Projektionen vermischen sich Privates und Öffentliches ebenso wie Informatives und Assoziatives. Teil 3 dokumentiert das Musée Sentimental, in dem Spoerri die Geschichte Kölns präsentiert, zusammen mit Künstlern wie Polke, Wewerka, Bazon Brock sowie Rockmusikern und vielen anderen, die sich zu seinem Eat Art Event eingefunden haben.
Der Soundtrack wurde 1979 von der Post-Punk-Band Cabaret Voltaire komponiert und aufgenommen. Der Titel Chance Versus Causality ist, ganz im Sinne der Live-„Ambient-Sets” der Band, improvisiert. Er wurde live von der Originalbesetzung von Cabaret Voltaire — Richard H. Kirk, Stephen Mallinder und Chris Watson — in ihrem Western Works Studio eingespielt, ohne jegliche Anweisung der Regisseurin. Ein Teil des Soundtracks wurde auf der B-Seite von Silent Command 7 veröffentlicht. Live und improvisiert, aber dennoch in sich geschlossen mit Momenten von Verspieltheit und Wärme, ist dieser einzelne Titel eine eindrucksvolle Momentaufnahme von Cabaret Voltaire zur Zeit der Veröffentlichung von Nag, Nag, Nag und vor dem Album Voice of America. Die Gesangssamples und der Sound dieser Veröffentlichungen zeigen eine große Nähe zum Filmsoundtrack.
Vor der Performance zeigen wir den Film Andy Warhol‘s Unfinished Symphony (NL, 1975, 26’, 16mm) von Babeth Mondini-VanLoo. In ihrem 16mm-Debüt setzt sich Babeth auf humorvolle Weise mit dem Erbe Andy Warhols auseinander und reflektiert die Plastikgesellschaft der 1960er Jahre anhand von Warhols Interviewstil und amerikanischen Archetypen, menschlicher Identität und Entfremdung. Der Film, in dem George Kuchar eine atemberaubende Performance abliefert, verwendet Warhols Worte in einem Spielfilm, der in der Walter/McBean Gallery des San Francisco Art Institute gedreht wurde. Der Film kritisiert die Entfremdung der 1970er Jahre, die im Gegensatz zur Wärme der 1960er Jahre steht, in visuell dichten, melodramatischen Szenen, die Sehnsucht und Verlangen zum Ausdruck bringen, verbunden mit einem tiefen Interesse an menschlicher Verbundenheit.
SPECTRAL is a four-year collaborative project between six artist-run film labs with a DIY philosophy that focuses on the expansive possibilities of live cinema and analogue projection. The project includes artist residencies, workshops, the creation of hybrid film equipment, screenings, and expanded events.
- Programm Programme: Chance versus Causality: The New Realists